#Blau-Schwarz: Das fängt ja schon gut an …

Die Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung werden immer konkreter. Und blau-schwarz liefert, was man von blau-schwarz erwarten konnte. Und weiter erwarten muss. Eine (Budget)Politik des „nach oben buckeln und nach unten treten.“

Wenn sich die ÖVP-Obsession gegenüber arbeitslosen Menschen mit der Klimawandel-Leugnerei der FPÖ trifft und sich beide Parteien ob ihres reaktionären Familienbildes in die Arme fallen, kommt ziemlich exakt das raus, was bislang bekannt wurde bzw. ganz offensichtlich von den kommenden Regierungsparteien verhandelt wird. Im Einzelnen:

Abschaffung Zuverdienst bei Arbeitslosigkeit

Kaum ein Thema wurde und wird von der ÖVP derart mit einem geradezu göttlichen Eifer verfolgt, wie die Abschaffung des Zuverdientes bei Arbeitslosengeld- bzw. Notstandshilfebezug. Keine Verhandlungsrunde mit der ÖVP ohne dieses Thema, hundertmal von schwarz gefordert, hundertmal von uns abgewehrt. Kaum ist grün weg, kann es nicht schnell genug gehen, Tatsachen zu schaffen. Und sei es unter der windigen Argumentation der Budgetkonsolidierung. Der geringfügige Zuverdienst bei Arbeitslosigkeit – ein absolutes Minderheitenprogramm. Gerade einmal 10 % der ALG/NH-Bezieher:innen arbeiten neben der Arbeitslosigkeit. Ein Zuverdienst wirkt armutsmindernd. Bei längerer Arbeitslosigkeit ist eine Geringfügigkeit oft genug ein Sprungbrett zurück in einen Vollzeitjob und wirkt nachweislich Arbeitslosigkeit-verkürzend. Das alles ist der ÖVP wurscht. Der FPÖ – die sich in der Regierung grundsätzlich in Sozialfragen um 180-Grad dreht – ohnehin. Der Zuverdienst wird abgeschafft, FPÖ und ÖVP erhoffen sich Einsparungen von 82 Mio Euro – wohl weil der Druck auf Arbeitslose steigt, jeden auch noch so mies bezahlten und prekären Job annehmen zu müssen. Was die Folge der Abschaffung sein wird: fehlende Zuverdienstmöglichkeiten werden die Armutsgefährdung bei Langzeitarbeitslosen noch erhöhen und zu Mehrausgaben in der Sozialhilfe führen. Der ideologisch motivierten Bestrafungspolitik der ÖVP gegenüber Arbeitslosen ist damit für’s Erste Genüge getan.

Abschaffung Bildungskarenz

Eine zweite Obsession der ÖVP: Die Abschaffung der Bildungskarenz. Der ÖVP ein besonderer Dorn im Auge: Dass junge Mütter an eine Elternkarenz oft auch eine Bildungskarenz anhängen. Will man nicht nur auf den ÖVP-Spin des „Missbrauchs“ und einer „unzulässigen Verlängerung der Elternkarenz“ hereinfallen, ist das durchaus auch erklärbar: Ist man nämlich einmal vom Job längere Zeit weg – und das ist nun mal so nach der Geburt – hat man einerseits Zeit darüber nachzudenken, was man denn eigentlich will bzw. soll es durchaus auch vorkommen, dass eine/n der Betrieb gar nicht mehr zurückhaben will. Da macht es schon Sinn, sich weiterzubilden, zu qualifizieren bzw. umzuorientieren, um entweder einen besseren Wiedereinstieg zu haben oder einen beruflichen Neustart wagen zu können. Entgegen vielfach getätigter Behauptungen, ist eine Bildungskarenz im Anschluss an die Elternkarenz auch durchaus sinnvoll und erfüllt ihren Zweck, wie eine WIFO-Studie ergeben hat: Junge Mütter, die eine Bildungskarenz absolviert haben, beziehen ein höheres Einkommen, haben bessere Jobs, arbeiten ein höheres Stundenvolumen – also höhere Teilzeit oder Vollzeit. Auch das ist der ÖVP egal, geht es der ÖVP doch in erster Linie darum, Lohnnebenkosten zu senken – insbesondere auch die Beiträge zur verhassten Arbeitslosenversicherung – und da müssen eben auch Ausgaben gekürzt werden. Also: Bildungskarenz vollkommen weg, wofür sich die Budgetkonsolidierung anbietet. Das Problem: Das Einsparungspotential wird vermutlich nicht in der erhofften Höhe ausfallen. Statt Bildungskarenz heißt es dann halt vielfach Arbeitslosigkeit. Gleiche Kosten mit dem Unterschied, dass Bildungschancen und –möglichkeiten abgeschafft wurden. Ersparnis also gleich Null. Ein anderer Teil junger Mütter wird überhaupt aus dem Arbeitsmarkt verschwinden. Einer Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeit beraubt. Sehr intelligent in Zeiten des – von derselben ÖVP – ständig beklagten Fachkräftemangels.

Dafür „Herdprämie“?

Umso interessanter, dass dafür umso angeregter eine „Herdprämie“ diskutiert werden dürfte. Die gibt es bereits im schwarz-blau regierten Oberösterreich: Wer sich dort dafür entscheidet, ihr/sein Kind nach Kindergeldbezug ab dem dritten bis maximal zum Beginn des verpflichtenden Kindergartenjahres zuhause zu betreuen und nicht in einer beitragsfreien Kinderbetreuung, die/der bekommt eine Prämie in der Höhe von 900 Euro Jahr. Eine derartige „Herdprämie“ in Höhe der Mindestsicherung – Zielgruppe sind natürlich vornehmlich junge Mütter – will nun scheint’s die FPÖ auch auf Bundesebene einführen. Frauen möglichst lange vom Arbeitsmarkt fernzuhalten – mit allen negativen Folgen für die soziale Absicherung, finanzielle Eigenständigkeit, den Wiedereinstieg ins Berufsleben – und dafür jede Menge Geld aufzuwenden ist also hui, wenn es der Aufrechterhaltung eines rückständigen Familienbildes dient. Eine Bildungskarenz im Anschluss an die Elternkarenz, um berufliche Chancen zu verbessern, ist dagegen pfui. Und das alles trotz Fachkräftemangels – als könnte man auf Frauen als Fachkräfte ganz problemlos verzichten, so lange sie sich nur um Kinder, Küche und Kirche kümmern. Amen!

Weitere Steuermillionen für Überstunden und arbeitende Pensionist:innen

Zum Fachkräftemangel haben Teile der ÖVP – diesmal einmal mehr der Wirtschaftsbund – nämlich auch eine blendende Idee: Wer neben der Pension dazuverdient oder Überstunden macht, soll – geht’s nach dem Wirtschaftsflügel der Konservativen – dafür nur noch pauschal 20 % Steuern – also eine „Flat-Tax“ –  zahlen und das war‘s. Keine SV-Beiträge und sonst auch nix. Wer also zwei Jobs hat – zwei Teilzeitjobs z.B. – zahlt volle Steuern und Abgaben. Für Pensionist:innen soll das allerdings nicht gelten. Eine krasse Ungleichbehandlung. Und auch geradezu absurd: Statt endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen höhere Teilzeit oder Vollzeit ermöglichen – von flächendeckender Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, ausreichend Pflegeeinrichtungen etc. – soll die bereits erwähnte „Herdprämie“ kommen. Dafür sollen Männer noch mehr Überstunden machen und dafür steuerlich auch noch belohnt werden und Pensionist:innen den Mangel an Arbeitskräften abdecken. Die 1960er Jahre lassen grüßen.

Abschaffung des Klimabonus trifft hart

Zuletzt die Abschaffung des Klimabonus. Also die Rückerstattung, der soziale Ausgleich für die CO2-Bepreisung. Die trifft hart – und zwar bis weit in die Mitte hinein. Zwei Beispiele, was das Aus des Klimabonus ganz konkret bedeutet: Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, wohnhalft in Stockerau, verliert 490 Euro. Eine Familie in Retzbach – Vater, Mutter, ein Kind – verliert 725 Euro. Hunderte Euro im Jahr haben oder nicht – das macht schon einen ordentlichen Unterschied. Vor allem wird mit der Abschaffung des Klimabonus der „soziale“ Charakter der öko-sozialen Steuerreform „gekillt“: Eine CO2-Bepreisung wirkt zwar einerseits progressiv – einkommensstarke Gruppen haben einen höheren CO2-Ausstoß als einkommensarme, zahlen also mehr CO2-Steuer. Als „Massensteuer“ trifft sie allerdings gleichzeitig untere Einkommensgruppen verhältnismäßig zum Einkommen stärker. Mit dem Klimabonus wird diese Mehrbelastung bei unteren Einkommensgruppen bis hin zur breiten Mitte kompensiert – teilweise sogar überkompensiert. Das fällt nun weg. Die Belastung bleibt. Und wird steigen, wenn der CO2-Preis steigt. Damit wird die Akzeptanz für Umweltsteuern insgesamt sinken. Trotz ihres Lenkungserfolgs (geringerer CO2-Ausstoß etc.). Was FPÖ und ÖVP ganz offensichtlich auch wollen. Von ihnen selbst verursacht. In voller Absicht. Letztklassig. Gegenüber den Bürger:innen. Gegenüber der Umwelt.

Budgetkonsolidierung auf Kosten von Arbeitslosen, Frauen, der Umwelt. Erste harte Maßnahmen. Es werden jede Menge weitere Folgen. Und nachdem Industrie- und Bankenvertreter am gemeinsamen Verhandlungstisch sitzen, darf unter Garantie angenommen werden, dass die Budgetkonsolidierung ohne Beitrag der Reichen und Reichsten erfolgen wird.

Im Burgenland wurde dieser Politik an der Wahlurne bereits eine erste Absage erteilt. Das wird nicht reichen. Der Widerstand gegen diese Politik des „nach oben buckeln und nach unten treten“ wird breiter werden müssen. Wir werden Teil davon sein.