#Ein „Sprungbrett“ das Perspektiven schafft

Gestern wurde im Ministerrat die Aktion „Sprungbrett“ beschlossen. Mit diesem Programm sollen 50.000 Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit bis Ende 2022 dabei unterstützt werden, wieder einen Job zu finden. Ein ambitioniertes Ziel, das es in diesem Umfang bislang noch nicht gegeben hat. Angesichts der hohen Zahl an langzeitbeschäftigungslosen Menschen allerdings auch so wichtig wie richtig.

Hohe Langzeitarbeitslosigkeit schon vor der COVID19-Krise

Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit ist längst keine Folge der COVID19-Krise allein. Sie ist seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise und der von der damaligen SPÖ/ÖVP-Koalition mitgetragenen europäischen Austeritätspolitik (Abbau öffentliche Schulden auf Kosten von Investitionen und sozialstaatlichen Leistungen) schon dramatisch gestiegen: Die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Menschen hatte sich von 2008 bis 2016 von 34.538 auf 121.775  (Dezember 2016: über 129.000) Betroffene beinahe vervierfacht und einen traurigen Rekordwert erreicht. Maßnahmen, die soziale Situation dieser Menschen zu verbessern – wie etwa die Anhebung der Notstandshilfe oder die Erhöhung des Arbeitslosengeldes – wurden übrigens über die ganzen Jahre hinweg keine gesetzt, trotz sozialdemokratischer Arbeits- und Sozialminister. Erst im Juni 2017 wurde die Aktion 20.000 beschlossen, die 20.000 langzeitbeschäftigungslose Menschen in kommunalen und gemeinnützigen Einrichtungen zu geförderten Jobs verhelfen sollte. Allerdings konnten tatsächlich nur knapp 4.000 Jobs statt der erhofften 20.000 geschaffen werden und wurde die Aktion – leider – von einer schwarz-blauen Regierungsmehrheit auch bald wieder beendet.

COVID-19 verschärft Langzeitarbeitslosigkeit

Der wirtschaftliche Aufschwung hat letztendlich dazu geführt, dass bis Dezember 2019 die Langzeitarbeitslosigkeit zumindest auf knapp 99.500 Betroffene zurück ging – allerdings immer noch das Dreifache im Vergleich zur Zahl vor Ausbruch der Finanzkrise. Und es zog eine neuerliche Wirtschaftskrise am Horizont auf, die allerdings durch die Corona-Krise überdeckt wurde. Was seither geschah ist soweit bekannt: Die COVID19-Pandemie erreichte Europa, die Lockdowns mit befristeten Betriebsschließungen führten zu den schwersten Wirtschaftseinbrüchen der Nachkriegszeit und zu einem drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit und insbesondere auch der Langzeitarbeitslosigkeit. Und auch wenn die Arbeitslosigkeit insgesamt inzwischen wieder sinkt, die Langzeitarbeitslosigkeit ist nach wie vor auf erschreckend hohem Niveau – im März bei 146.000 Menschen. Verschärfend kommt dazu, dass vor allem auch jene, die bereits vor COVID-19 langzeitbeschäftigungslos waren – wie bereits erwähnt knapp 100.000 Menschen – kaum eine Chance hatten, in der Corona-Krise einen Job zu finden. Über mehr als ein Jahr!

Aktion „Sprungbrett“

Wir haben seitens der Grünen seit Monaten ein zielgerichtetes Beschäftigungsprogramm für langzeitbeschäftigungslose Menschen gefordert, das – anknüpfend an Erfahrungen aus der Aktion 20.000 und ähnlichen Maßnahmen – erarbeitet werden sollte und sowohl den gemeinnützigen und öffentlichen als auch den privatwirtschaftlichen Sektor umfassen sollte. Eine Lehre aus der Aktion 20.000, die auch von Arbeitsmarktexpert*innen als solche gezogen wurde. Gleichzeitig sollten „Mitnahmeeffekte“ – also öffentliche Förderungen für Jobs, die ohnehin entstanden wären – bestmöglich verhindert werden. Dass die Positionen von ÖVP und Grünen anfangs weit auseinanderlagen ist vermutlich nachvollziehbar, gilt für die ÖVP die Aktion 20.000 doch nach wie vor als sprichwörtlich „rotes Tuch“.

Die vom Arbeitsministerium erarbeitete Aktion Sprungbrett, wie sie nun vorliegt ist das erfreuliche Ergebnis eines längeren  – auch Überzeugungs – Prozesses, die über weite Strecken diesen unseren Zugängen und Vorschlägen entspricht. Hier die wesentlichen Inhalte:

Was ist die Aktion Sprungbrett?

Sprungbrett ist ein Beschäftigungsprogramm für langzeitarbeitslose Menschen, das über eine zeitlich befristete Lohnsubventionierung (über „Eingliederungsbeihilfen“) 50.000 Betroffenen bis Ende 2022 wieder in Beschäftigung bringen soll.

Wer ist die Zielgruppe?

Die Zielgruppe der Aktion Sprungbrett sind Menschen, die schon vor Ausbruch der COVID-19 Krise von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen waren und Menschen, die in der COVID-19 Krise langzeitarbeitslos geworden sind von mehreren Vermittlungshemmnissen betroffen sind (Alter, gesundheitliche Beeinträchtigung, Menschen mit Behinderung).

Wann startet das Programm Sprungbrett?

Das Programm startet mit Sommer 2021.

Welche Form von Beschäftigung wird gefördert?

Gefördert werden neue, zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse in Unternehmen aller Art, also auch in gemeinnützigen und öffentlichen Betrieben. Ziel ist es selbstverständlich, dass auch nach einem Jahr „geförderter“ Arbeit, die Betroffenen in Beschäftigung bleiben bzw. es leichter haben, einen Job zu finden. Es geht also darum, nachhaltig Beschäftigung zu schaffen.

Wie läuft das Programm Sprungbrett ab?

Die Aktion beinhaltet drei Phasen:

    1. Eine Beratungs- und Betreuungsphase im Vorfeld der Beschäftigung, die der Vorbereitung, der Auswahl und der Vermittlung für die jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse dient
    2. Ein Arbeitstraining bzw. eine –vorbereitung die der Feststellung der persönlichen Eignung, der Heranführung an den Job und der Einschulung dient
    3. Die Vermittlung in den Job und die Beschäftigung über direkte Lohnzuschüsse oder über einen gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlasser

Wie hoch ist die Förderung?

Unternehmen erhalten für ein Jahr durchschnittlich 50 % der Lohnkosten gefördert. Zu Beginn der Förderung, kann diese deutlich höher ausfallen und mit Dauer der Förderung sinken.

Sind nicht hohe „Mitnahmeeffekte“ zu befürchten?

„Mitnahmeeffekte“ bedeuten, dass z.B. Jobs gefördert werden, die ohnehin entstanden wären bzw. die geförderten Personen in Wirklichkeit auch ohne Förderung eine Beschäftigung gefunden hätten. Durch eine Eingrenzung der geförderten Gruppe – insbesondere auf solche Personen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben – können Mitnahmeeffekte reduziert werden. Das passiert etwa bei der Aktion Sprungbrett: Hier werden Menschen gefördert, die besonders lange keine Job mehr haben und es daher auch besonders schwer haben, einen Job zu finden. Bzw. Menschen, die neben Langzeitarbeitslosigkeit auch noch andere Merkmale aufweisen, die eine Vermittlung am Arbeitsmarkt erschweren – etwa ein höheres Alter, eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder eine Behinderung.

Viele dieser Betroffenen sind aufgrund ihrer Problemlagen – wie etwa eine längeren Krankheit – nicht so „produktiv“ wie jüngere Kolleg*innen. Sie würden kaum eine Job finden, weil immer andere Arbeitssuchende vorgezogen würden. Deshalb ist die Eingliederungsbeihilfe eine Art Ausgleich für diesen „Produktivitätsunterschied“. Im Rahmen der Aktion 20.000 hat sich gezeigt, dass Mitnahmeeffekte z.B. bei älteren, geringer Qualifizierten kaum aufgetreten sind, allerdings bei jüngeren, gut qualifizierten Langzeitarbeitslosen. Diese hätten nach Studien vermutlich  auch ohne hohe Lohnförderung Jobs gefunden.

Wie hoch fällt der zusätzliche Finanzierungsbedarf für das Programm Sprungbrett?

Die zusätzlichen Kosten für die Aktion Sprungbrett belaufen sich auf ca. 300 Mio. Euro.

Und hier geht’s zum Ministerratsvortrag zum Programm Sprungbrett.

 

Anmerkung:

Als „langzeitarbeitslos“ gelten Menschen, die länger als ein Jahr „arbeitslos“ in Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ist. Bereits ein Kurs des AMS verhindert also, dass ein Mensch als langzeitarbeitslos gilt. Damit könnte als mit rein bürokratischen Maßnahmen verhindert werden, dass Menschen langzeitarbeitslos werden. Aus diesem Grund wúrde der Begriff „Langzeitbeschäftigungslosigkeit“ geschaffen. Als langzeitbeschäftigungslos gelten Menschen auch, wenn sie z.B. einen Kurs gemacht haben, aber jedenfalls nicht mehr als 62 Tage im letzten Jahr erwerbstätig sein konnten.