#Einkommensbericht 2019

Endlich dazugekommen den aktuellen Einkommensbericht des Rechnungshofs zu überfliegen. Zahlen, Daten, Fakten stammen aus 2019, dem letzten Hochkonjunkturjahr. Im Herbst deuteten sich schon erste krisenhafte Entwicklungen an, 2020 kam Corona mit den massiven Einbrüchen. Was beim Einkommensbericht (EB) besonders interessant ist, sind die Entwicklungen bei Einkommen, Beschäftigung, Arbeitsverhältnissen über die Jahr(zehnt)e. Einige erste Highlights:

    • Das Normalarbeitsverhältnis – ganzjährig, Vollzeit beschäftigt ist längst nicht mehr normal, schon gar nicht für Frauen.
      Nur noch 48,3 % aller AN (Arbeitnehmer*innen) waren in einem „Normalarbeitsverhältnis“. 2004 waren es noch 54,7 %.
    • Zurückgegangen ist auch der Anteil weiblicher Normalbeschäftigter. Nur noch 33,1 % der AN (2004: 36,1 %) gehörten 2019 zu dieser Beschäftigtengruppe.
    • Das typisch weibliche Arbeitsverhältnis ist atypisch – 80,2 % aller Teilzeitbeschäftigten, fast 781.000 Personen – waren Frauen. Insgesamt waren 64 % der Frauen, aber nur 25 % der Männer 2019 atypisch beschäftigt.
    • Der Trend zur Atypisierung hielt also auch bei steigenden Beschäftigungszahlen und guter Konjunktur 2019 an.
    • Ebenfalls deutlich blieb auch die Einkommensentwicklung Atypischer hinter Vollzeit-Beschäftigten zurück. Verdienten normal Beschäftigte einen mittleren Stundenlohn von 16,5 Euro, lag dieser bei Teilzeitbeschäftigten bei 12,8 Euro, bei Leiharbeiter*innen bei 12,5 Euro, bei Geringfügigen sogar nur bei 9 Euro!

So weiblich atypische Beschäftigung ist, so weiblich sind damit auch Niedrig(st)löhne.

    • Erfreulich hingegen ist die Entwicklung der Realeinkommen. Diese erleben eine leichte Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren. Tatsächlich liegt die Kaufkraft allerdings – durchschnittlich bei Männer und Frauen – beim Vergleichsjahr 1998 nach Realeinkommensverlusten seit 2010. Frauen hatten dabei Zuwächse von 7 %, Männer von 1 % zu verzeichnen. Dass sich die Kaufkraft insgesamt nicht deutlich verbesserte liegt an der veränderten Beschäftigtenstruktur (höherer Frauenanteil) und dem niedrigeren Einkommensniveau der Frauen.
    • Der Grund für das niedrigere Einkommensniveau von Frauen liegt nicht zuletzt am niedrigeren Einkommensniveau weiblich – und atypisch – dominierter Branchen. Branchen, die im Gegensatz zur niedrigen Entlohnung einen Ungleich höheren gesellschaftlichen Mehrwert produzieren. So lag der Bereich „Erziehung und Unterricht“ (Frauenanteil 59 %, Vollzeitanteil 46 %) bei den Einkommen auf Platz 14 von 18, der Bereich „Gesundheits- und Sozialwesen“ mit einem Frauenanteil von 78 %, Vollzeitanteil von 36 % auf Platz 13.

Die Corona-Krise hat dieses über Jahrzehnte gewachsene, eklatante Missverhältnis von Fraueneinkommen in systemrelevanten Berufen und dem gesellschaftlichen Nutzen dieser Berufsgruppen einmal mehr offen gelegt.
Die Corona-bedingte Wirtschaftskrise mit Kurzarbeit und dramatisch gestiegener Arbeitslosigkeit wird – trotz gesetzter Gegenmaßnahmen, die eine schwere soziale Krise bislang verhindern konnten – für 2020 und 2021 vielen Betroffenen Einkommensverluste, v.a. auch reale Einkommensverluste bringen.

Das Jahr 2021 wird daher ganz im Zeichen der Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise stehen müssen.
„Investieren statt sparen“ muss die Devise sein. Die Fehler aus den Folgejahren nach der Finanzkrise 2008 – nämlich „verlorene Jahre“ aufgrund einer völlig verfehlten Wirtschaftspolitik im Zeichen von Austerität, Fiskalpakt und Schuldenbremse(n) – dürfen sich nicht wiederholen.