#Es wird nicht ohne Vermögenssteuer gehen

Viel Wirbel hat zuletzt Werner Koglers Aussage verursacht, wonach sich die Frage nach der Vermögensbesteuerung zur Bewältigung der Krisenkosten erst „in ein paar Jahren“ stelle.
Aktuell stelle sich die Frage nicht, weil man günstig Schulden aufnehmen könne. Oberste Priorität hätten im Augenblick Investitionen und Entlastungsmaßnahmen um die Konjunktur wieder anzukurbeln, erst dann sollte über die Lastenverteilung der Krisenkosten diskutiert werden.

Was Werners Position mit Sicherheit nicht ist:


Ein „Umfaller“ oder gar eine Verabschiedung von der Forderung nach einer Vermögensbesteuerung. Wer das behauptet, hat Werner entweder nicht zugehört oder redet einfach Unsinn. Mehrfach – zuletzt wieder beim Sozialpartnergespräch – hat Werner Kogler betont, dass es, wenn es um die finanzielle Lastenverteilung der Krise geht, eine Beteiligung der Milliardäre und Millionäre brauche.
Dennoch kann man Werners Position durchaus kritisch sehen – insbesondere aus dem Bilckwinkel der zeitlichen Perspektive. Doch dazu später.

    • Aktuell geht es darum, die Wirtschaft wieder hochzufahren und Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu setzen. Dazu braucht es Milliardeninvestitionen, Hilfen, Unterstützung und rasches Geld. Das ist aktuell an den Finanzmärkten billig zu haben.
    • Also werden Kredite aufgenommen um Unternehmen unter die Arme zu greifen, Kurzarbeit zu finanzieren aber mehr und mehr eben auch, um die Konjunktur zu beleben – über Investitionen in Klimaschutz, in den öffentlichen Verkehr, in Pflege und soziale Dienste, in die Regionalisierung von Wirtschaftsstrukturen und Produktion.
      Das Signal ist klar: Mit Entschlossenheit gegen die Krise, koste es, was es wolle. Das soll Vertrauen herstellen, ein günstiges Klima für private Investitionen erzeugen, die gesamtgesellschaftliche Nachfrage stabilisieren.
    • Ist diese Phase abgeschlossen und geht es – hoffentlich – konjunkturell wieder aufwärts und mit den Arbeitslosenzahlen abwärts, wird es an die Budgetkonsolidierung gehen. Diese ergibt sich einerseits automatisch über geringere Ausgaben für Arbeitslosigkeit und höhere Einnahmen aus Steuern. Das alleine wird aber nicht reichen. Dazu wird es ausgaben- und einnahmenseitige Maßnahmen brauchen.
    • Wo die ÖVP ansetzen wird, kann man aus der Vergangenheit erahnen: Bei den Ausgaben insbesondere bei jenen für sozialen Sicherheit, bei der öffentlichen Infrastruktur, bei Ermessensausgaben der Ministerien – also z.B. bei Förderungen von Frauenvereinen, Kulturinitiativen u.ä.
    • Da werden die Grünen nicht mitkönnen. Einsparungen bei z.B. umweltschädigenden Subventionen – ja. Aber sicher nicht bei Sozialleistungen. Und auch ohne zusätzliche Einnahmen wird Schuldenabbau nicht gehen. Da bieten sich natürlich Vermögenssteuern an – wie etwa eine Vermögensabgabe oder Erbschafts- und Schenkungssteuern.
      Steuern, die nicht nur verteilungspolitisch gerecht, sondern auch konjunkturneutral sind, da sie die gesamtgesellschaftliche Nachfrage nicht negativ beeinflussen.

Werners Position ist vor diesem Hintergrund durchaus schlüssig und – insbesondere auch ökonomisch – nachvollziehbar.
Kritisch anzumerken ist allerdings sowohl der Zeitpunkt als auch der verortete Zeithorizont der Debatte. Denn: Die Diskussion darüber, wie die Krisenkosten bewältigt werden sollen, läuft bereits. Nicht zuletzt ausgelöst durch einen Sager von Werner selbst.

Unabhängig davon, dass wir eigentlich immer noch mitten in der Corona-Krise stecken und längst nicht klar ist, ob wir das Ärgste schon hinter uns haben.
Unabhängig davon, dass Hilfs- und Unterstützungspakete eigentlich erst so richtig anlaufen und dass über die konkrete Ausgestaltung von Konjunkturpaketen abseits von Überschriften noch wenig bekannt ist, wird schon über die Zeit danach geredet.
Das mag vielleicht zu früh erscheinen. Ist allerdings angesichts der Dimension der Krise und Rettungsmaßnahmen nicht verwunderlich.

Der verortete Zeithorizont von mehreren Jahren, die noch ins Land ziehen, ehe es an den Schuldenabbau geht, ist unrealistisch, weil sich die Frage der ungleichen Verteilung der Krisenkosten bereits jetzt stellt. Dass die Corona-Krise und die Folgen eine der größten verteilungspolitischen Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit mit sich bringen wird – und das längst nicht nur in Österreich sondern in Europa – ist Tatsache. Dass die Diskussion über eine gerechte Verteilung der Krisenkosten – und ihrer Bewältigung – bereits läuft, ist ebenso Fakt.

Eine Debatte darüber aufzuschieben wird nicht funktionieren. Wir müssen sie daher offensiv führen und uns um gesellschaftliche Mehrheiten bemühen. Das ist machbar. Und notwendig. Weil es eben ohne Vermögensbesteuerung nicht gehen wird.