#Generationsgerechtigkeit – aber in beide Richtungen!

Wenn die NEOS im Nationalrat über Jugend reden, geht’s meistens um Pensionen.

Für die Pensionen würde viel zu viel ausgegeben, heißt es dann, die Jungen müssten das zahlen, würden über Gebühr belastet, müssten auch noch die Schulden der Vergangenheit tragen, die die Alten zu verantworten hätten und, und, und … generationengerecht sei das alles nicht. Ginge doch alles zu Lasten der Jungen.
Dieser Zugang ist dabei meines Erachtens so eindimensional wie unrichtig.

    • Der Zugang ist eindimensional, weil er die intergenerationale Verteilung nur in eine Richtung wahrnimmt – von Jung zu Alt – und nicht in beide Richtungen – nämlich genauso von Alt zu Jung. Diese Einkommensverteilung findet im Gegensatz zu Pensionsleistungen weniger institutionalisiert und strukturiert statt, und ist nicht zuletzt deswegen aus dem öffentlichen Diskurs weitgehend ausgeblendet. Das führt beinahe zwangsläufig zu einer Verkürzung der Debatte rund um eine angebliche Schieflage bei der Verteilungs- bzw. Generationengerechtigkeit zwischen Alt und Jung.Ältere unterstützen ihre Kinder und Enkelkinder bei der Finanzierung ihrer Ausbildung, der Wohnung, der Einrichtung und bei der Familiengründung, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
      Eine der wenigen Studien zum Thema intergenerationale Verteilung aus dem Jahr 2002 der Universität Mannheim spricht von 9 % der aggregierten Pensionen, die 1996 zu Lebzeiten – also noch ohne Erbschaften – von Eltern zu Kindern übertragen wurden.

Verteilung findet also nicht nur von Jung zu Alt, sondern auch von Alt zu Jung statt. Und das – wenn auch nicht in institutionalisierter Form – doch in einem nicht unerheblichen Ausmaß. Und das – wie gesagt – noch ohne Erbschaften, deren Volumen in Österreich auf rund 13 Mrd. Euro jährlich geschätzt werden.

    • Der Zugang ist allerdings auch unrichtig – insbesondere wenn es um Generationengerechtigkeit bei Schulden geht. Die Frage ist ja wohl eher, wofür Schulden aufgenommen werden. Schulden für Investitionen in Schulen, Bildung, öffentliche Infrastruktur, Gesundheitswesen, Klimaschutz u. dgl. sind direkte Investitionen in die Zukunft, die in Form besserer Lebens- und Umweltbedingungen, einer besseren Gesundheit und höherer Einkommenschancen vor allem künftigen Generationen – den Kindern und Enkelkindern – zu Gute kommen. Da diese Generationen von den Schulden und Investitionen der Vergangenheit profitieren, ist es nicht wirklich ungerecht, dass diese auch für die Bewältigung der Schulden aufkommen.
    • Fragen der Generationengerechtigkeit müssen also aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden; es soll ein einigermaßen gesamthaftes Bild entstehen. Verteilungskonflikte auf ein Alt vs.Jung zuzuspitzen macht nur eines: den Blick auf jene verteilungspolitischen Konfliktfelder zu vernebeln wo sich eine Fokussierung tatsächlich lohnen würde – unabhängig vom Alter – nämlich auf die Verteilung von Vermögen, Einkommen und Macht in all ihren Dimensionen.
      Schließlich haben Junge wie Alte Recht auf ein gutes Leben. Und ein gutes Leben für alle braucht mehr Verteilungsgerechtigkeit.