#Gerüchte zum Arbeitslosengeld: Die ’spinnen‘ doch!

So, weil das Sigi Maurer-Interview in der heutigen KRONE einige Wellen geschlagen hat und wieder einmal munter herumgespint wird, dass es nur so eine (Un-)Freude ist. Vor allem was das Arbeitslosengeld betrifft.

Ein paar Klarstellungen (die zwar bereits gezählte hunderte Mal stattgefunden haben, aber meinetwegen halt nochmals):

    • Über Jahrzehnte hinweg wurde das Arbeitslosengeld gekürzt. Von 1989 bis 1993 von 57,9 % Nettoersatzrate auf 57 %. Von 1993 bis 1995 von 57 % auf 56 %. Zuletzt von 1995 auf 2000 von 56 % auf 55 %. Jetzt verrate ich euch ein Geheimnis: Es waren KEINE Grünen Arbeits- und Sozialminister*innen. Es waren Minister*innen u.a. aus Parteien, die behaupten, sie wären Arbeiter*innenparteien. Nein? Doch!? Oh!
    • Wir haben bereits einmal das Arbeitslosengeld im September erhöht – um 450 Euro. Die erste Erhöhung in diesem Umfang überhaupt. Seit Jahrzehnten! Vizekanzler Werner Kogler hat angekündigt auch im Herbst für eine Erhöhung zu kämpfen. Da sind wir dran. Zusätzlich wird das Bildungsgeld für AMS-Maßnahmen, die länger als 4 Monate dauern von 60 Euro auf 180 Euro erhöht. Hat es auch noch nie gegeben.

Wer hat in der Vergangenheit Arbeits- und Sozialminister*innen daran gehindert, dieses Geld zu erhöhen?
Niemand! Es wurde einfach nicht gemacht.
Warum?
Fragt diejenigen, die in der Vergangenheit Sozial- und Arbeitsminister*innen gestellt haben!

Wir haben bereits x-mal festgehalten, dass eine Reform des Arbeitslosengeldes mit höherem Anfangs-Arbeitslosengeld und mit der Zeit sinkendem Arbeitslosengeld – wie es das heute  in praktisch allen EU-Ländern und übrigens auch in Österreich schon gibt – es heißt bei uns Notstandshilfe – folgende zentrale Säulen beinhalten muss:

    • Höheres Arbeitslosengeld für die ersten paar Monate – unserer Vorstellung nach jedenfalls mindestens 70 % Nettoersatzrate.
    • Das Arbeitslosengeld darf NICHT unter bestehendes Niveau – also 55 % Nettoersatzrate – fallen.
    • Die Notstandshilfe bleibt erhalten und wird nicht abgeschafft.

Darüber wären wir gesprächsbereit. Ob wir damit eine Mehrheit finden, wissen wir nicht. Versuchen werden wir’s. Schlimmstenfalls bleibt es wie es ist. Wie es uns Regierungen und Arbeits- und Sozialminister*innen vor uns so eingebrockt haben.

Von dieser Reform würden alle Arbeitslosen profitieren. Da die überwiegende Anzahl der Arbeitslosen wieder in den ersten paar Monaten einen Job findet, würde auch die Masse der von Arbeitslosigkeit betroffenen massiv profitieren. Aber auch Menschen in längerer Arbeitslosigkeit hätten was davon – weil sie insgesamt mehr Arbeitslosengeld erhalten. Für diese Betroffenen muss es aber selbstverständlich zusätzlich Maßnahmen geben, um sie möglichst rasch wieder in gute, nachhaltige Jobs und Beschäftigung zu bringen – und das geht über entsprechend nachhaltig wirkende Qualifikations- und Umschulungsmaßnahmen in Zukunftsjobs, über Investitionen in dieselben bis hin zu öffentlichen Beschäftigungsprogrammen für jene, die es am ersten Arbeitsmarkt eben besonders schwer haben.

Aktuell geht es allerdings v.a. darum, Einkommen zu stabilisieren und zu sichern – darum macht die Umsetzung eines derartigen Arbeitslosengeld-Modells derzeit wenig Sinn, weil bereits viele Menschen länger in Arbeitslosigkeit sind und von einem höheren Arbeitslosengeld in den ersten Monaten der Arbeitslosigkeit nichts haben. Da braucht es aktuell andere Maßnahmen. Das hat Sigi so gesagt, so gemeint und so wird es auch festgehalten.

Darum haben wir

    • die Notstandshilfe auf Arbeitslosengeld angehoben (jedenfalls bis Ende Dezember 2020)
    • das Arbeitslosengeld erhöht (Einmalzahlung 450 Euro) und
    • einen Familienbonus (360 Euro/Kind) ausbezahlt.
    • Ab 2020 die Ausgleichszulage (Mindestpension) und die Mindestssicherung bzw. Sozialhilfe auf 1.000 Euro angehoben.

Ohne uns Grüne hätte es das nicht gegeben.
Damit wurde immerhin erreicht, dass sich die Armutsgefährdungsquote insgesamt nicht erhöht und die Einkommensverteilung nicht verschlechtert hat. Ähnliche Maßnahmen wird es wieder brauchen und wohl auch wieder geben müssen. Wir setzen uns jedenfalls dafür ein – im Unterschied zu Regierungen in der Vergangenheit, die dahingehend nicht wirklich aufgefallen sind.

Sigi zu unterstellen, sie wolle jetzt keine Erhöhung des Arbeitslosengeldes bzw. sie wolle selbiges kürzen, widerspricht so ziemlich allem, was wir erreicht haben und wofür wir uns auch weiterhin einsetzen. Und widerspricht auch so ziemlich allem, wofür Sigi steht. Weil gerade Sigi sich ganz besonders für ein höheres Arbeitslosengeld, den Kampf gegen Armut und einen Ausbau des Sozialstaates stark macht. Wer wüsste das besser als ich?

Wer anderes behauptet, tut das entweder aus Unwissenheit oder weil er/sie sich daraus einen politischen Vorteil erhofft. So oder so ist es falsch.

Und im Übrigen bin ich dafür, dass Wien Rot-Grün regiert werden sollte. Weil es eine sozial-ökologische, progressive Perspektive für dieses Land braucht. Wo, wenn nicht in Wien?