#Geschafft! Verbesserungen bei Sozialhilfe kommen

Politik ist bekanntlich das Bohren harter Bretter. Monatelang haben wir uns um eine Änderung des Sozialhilfegesetzes bemüht – ein Erbe aus türkis-blauen Zeiten, das viele soziale Härten verursacht hat. Über Monate hinweg wie auch schon bei den Regierungsverhandlungen kam von ÖVP-Seite stets ein „No way“.

Das war einmal. Nun ist uns gelungen, das letzte soziale Netz sicherer zu machen und einige weitere ‚Giftzähne‘ zu ziehen. Die Sozialhilfe neu wird in wesentlichen Punkten verbessert. Den Bundesländern größere Spielräume bei der Umsetzung und Ausgestaltung der Sozialhilfe geöffnet.

Mit den am 26. April vom grünen Sozialminister Rauch und vom ÖVP-Klubobmann Wöginger vorgestellten Gesetzesänderungen in der Sozialhilfe wird das letzte soziale Netz deutlich verbessert und vereinfacht. Das ist gerade jetzt angesichts massiv steigender Energie- und Lebensmittelpreise und dem damit einhergehenden steigenden Armutsrisiko so richtig wie wichtig.

Die wichtigsten Punkte der Reform:

Bisher gilt: Betreuten Wohneinrichtungen – etwa Gewaltschutzeinrichtungen wie Frauenhäuser, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Betreutes Wohnen von Jugendlichen – konnten als Wohngemeinschaften bzw. gemeinsamer Haushalt gewertet werden. Und wurden auch. Damit war die Mindestsicherung für alle Bewohner:innen auf niedrigstem Niveau gedeckelt. Menschen in oft erheblichen akuten Problemlagen wurden auf diese Weise zusätzlich zum eigentlichen Problem in existenzielle Not versetzt

Neu ist: Betreute Wohneinrichtungen gelten NICHT mehr als ‚Haushalte‘ bzw. Wohngemeinschaft. Das bedeutet, dass die Sozialhilfe für die Bewohner:innen nicht mehr gedeckelt ist. Künftig hat jede Person, die auf Sozialhilfe angewiesen ist, auch einen eigenständigen Anspruch. Das reduziert die Armutsgefährdung der Betroffenen deutlich.

Bisher gilt: Pflegegeld konnte bei Paaren bzw. im gemeinsamen Haushalt teilweise als Einkommen der pflegenden Angehörigen angerechnet und die Sozialhilfe deshalb gekürzt werden.

Neu ist: Pflegegeld und vergleichbare Leistungen dürfen nicht mehr auf die Sozialhilfe angerechnet werden. Angehörigen, die im eigenen Haushalt ihre Eltern pflegen und auf Sozialhilfe angewiesen sind, darf die Sozialhilfe künftig nicht mehr gekürzt werden.

Bisher gilt: Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, verloren in Monaten mit Sonderzahlungen ihren Anspruch auf Mindestsicherung.

Neu ist: Künftig müssen Sonderzahlungen – also das 13. und 14. Monatsgehalt, also Weihnachts- und Urlaubsgeld – nicht mehr auf die Sozialhilfe angerechnet werden. So bleibt Haushalten, die ihr Erwerbseinkommen oder ihre Pension um Leistungen aus der Sozialhilfe aufstocken müssen, mehr Geld. Das nützt insbesondere Teilzeitbeschäftigten, unter ihnen viele alleinerziehende Frauen. Außerdem wird Erwerbstätigkeit für Sozialhilfebezieher:innen wesentlich attraktiver, die Sozialhilfe für die Ämter leichter zu administrieren.

Bisher gilt: Hilfen des Bundes für Mindestsicherungsbezieher:innen mussten von den Bundesländern jeweils im Landesgesetz umgesetzt werden. Andernfalls konnte der Fall eintreten, dass Leistungen des Bundes gar nicht bei den Betroffenen ankommen, sondern einfach die Mindestsicherung der Länder im gleichen Ausmaß verringern. Dies war insbesondere in Zusammenhang mit Covid-Hilfe und dem Teuerungsausgleich ein Problem und verzögerte die Auszahlung.

Neu ist: Künftig wird direkt über ein Bundesgesetz festgelegt, ob Bundes-Leistungen für Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsbezieher:innen – wie etwa Corona-Hilfen, der aktuelle Teuerungsausgleich oder spezifische Sonderleistungen für Kinder – auf Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherung angerechnet werden oder nicht. Eigene Umsetzungsgesetze der Länder werden so nicht mehr notwendig, was die Auszahlung an die Betroffenen beschleunigt.

Bisher gilt: Länder konnten Menschen in besonderen Notlagen oft keine Mindestsicherung auszahlen, da diese die engen Zugangsbedingungen des SH-GG nicht erfüllen konnten. Das führte nicht nur zu sozialen Härten – die Betroffenen verloren auch ihre Krankenversicherung.

Neu ist: Bundesländer können Leistungen der Sozialhilfe künftig auch an jene Personen vergeben, die zwar ein Aufenthaltsrecht (z.B. ein humanitäres Bleiberecht) haben, aber bislang keinen Zugang zur ‚SH neu‘ hatten. Mit der neuen ‚Härtefallregelung‘ können künftig hunderte Betroffene Sozialhilfe und eine entsprechende gesundheitliche Absicherung erhalten. Und vor allem auch eine Krankenversicherung.

Längst sind nicht alle Mängel der neuen Sozialhilfe – die es teilweise allerdings auch schon in der alten Mindestsicherung gab – behoben.

Mit den vorgestellten Änderungen verbessert sich allerdings die finanzielle und soziale Situation tausender Betroffener, die auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sind, deutlich. Und das freut mich als Arbeits- und Sozialsprecher natürlich besonders.

Wie ist nun der weitere Fahrplan?

Am 28. April wurden die Gesetzesänderungen im Nationalrat eingebracht. Am 12. Mail wird die Reform im Sozialausschuss beschlossen, anschließend im folgenden Nationalratsplenum (18./19. Mai) beschlossen. Der Beschluss im Bundesrat erfolgt vermutlich noch Anfang Juni. Die Bundesländer haben in Folge 6 Monate Zeit für die Umsetzung – wir hoffen, dieser Zeitraum wird nicht vollständig ausgereizt.