Heute geht das neue Lohn- und Sozialdumpinggesetz (LSD-BG) in Begutachtung. Neu – also eigentlich novelliert – weil eine Vorabentscheidung des EuGH eine Überarbeitung des LSD-BG und des Strafsystems notwendig machte. Zuletzt wurden kaum mehr Strafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping verhängt.
Nun liegt der Regierungsentwurf vor. Was war uns besonders wichtig?
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- Einerseits natürlich, dass Strafen eine abschreckende Wirkung haben. Lohn- und Sozialdumping – insbesondere eine Unterentlohnung – soll schließlich verhindert werden.
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- Wenn das vorhergegangene Kumulationsprinzip schon nicht mehr angewandt werden sollte, sollten zumindest Strafen mit der Zahl der Betroffenen und der Höhe des angerichteten Schadens – also vorenthaltener Löhne – steigen.
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- Und schließlich: Besonders schwerwiegende und systematische Verstöße sollten auch entsprechend geahndet werden können.
Folgende Kernpunkte umfasst nun das neue Lohn- und Sozialdumping-Gesetz:
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- Unterentlohnung „ohne besondere Qualifikation“ – also ohne z.B. Vorsatz – ist mit bis zu 50.000 Euro zu betrafen. Handelt es sich um ein Kleinstunternehmen mit höchstens 9 Beschäftigten, liegt die Schadenssumme unter 20.000 Euro und handelt es sich nicht um einen Wiederholungsfall, so gilt eine Höchststrafe von 20.000 Euro.
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- Übersteigt der Schaden 50.000 Euro oder handelt es sich um einen Wiederholungsfall, so ist eine Strafe von bis zu 100.000 Euro möglich.
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- Übersteigt der Schaden 100.000 Euro, so können Strafen bis zu 250.000 Euro verhängt werden.
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- Übersteigt der Schaden 100.000 Euro und kommen erschwerende Gründe hinzu – eine vorsätzlich Unterentlohnung von weniger als 50 Prozent der Entgeltsumme – sind Strafen bis zu 400.000 Euro vorgesehen.
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- Festgehalten ist in den Erläuterungen, dass beim Strafausmaß Erschwernis- und Milderungsgründe zu berücksichtigen sind, darunter ausdrücklich die Zahl der Betroffenen, das Ausmaß der einzelnen Unterentlohnung aber auch der Kooperationsbereitschaft mit den Behörden. Vereitelungshandlungen seitens betroffener Unternehmen im Zusammenhang mit Lohnkontrollen führen zu einem höheren Strafausmaß. Vollständige und sofortige Kooperation dagegen zu einer Strafmilderung.
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- Ihre Expertise brachten im Zuge der Verhandlungen auch die Sozialpartner ein – uns war v. a. die Einbindung und das Fachwissen von Gewerkschaften und Arbeiterkammern wichtig. Geht es doch insbesondere darum, Einkommen und Ansprüche der Arbeitnehmer*innen zu sichern.
Insgesamt ist der Begutachtungsentwurf der deutschen Gesetzeslage in Sachen Lohn- und Sozialdumping nicht unähnlich: Diese kennt kein Kumulations- oder Stufenprinzip, sieht aber bei Unterentlohnung einen Strafrahmen bis zu 500.000 Euro vor.
Lohn- und Sozialdumpinggesetz ALT: Verhältnismäßig geringe Strafen mit wenig Betroffenen
Das alte, aufgehobene LSD sah zwar ein Kumulationsprinzip etwa bei der Unterentlohnung – also Strafen zwischen 1.000 und 10.000 Euro und sogar mehr vor – die tatsächlich verhängten Strafen waren allerdings vergleichsweise niedrig. So gab es von Mai 2011 bis August 2019 insgesamt 1.806 rechtskräftige Entscheidungen wegen Unterentlohnung (4.989 betroffene Arbeitnehmer*innen) mit einer Strafsumme von insgesamt 14,34 Mio. Euro. Die verhängte Strafe je Arbeitnehmer*in betrug dabei durchschnittlich 2.873 Euro. 90 % der rechtskräftigen Entscheidungen betrafen Fälle mit weniger als fünf Beschäftigten. Nur in einem Fall (!) lag die Zahl der Betroffenen zwischen 41 und 60 Arbeitnehmer*innen.
Das neue LSD-BG ist ein Kompromiss. Allerdings – wie wir meinen – ein guter Kompromiss. Nicht nur weil damit endlich wieder Rechtssicherheit besteht, sondern weil mit dem in Begutachtung geschickten LSD-BG NEU Behörden und Gerichten wieder ein Instrument in die Hand gegeben wird, wirkungsvoll gegen Lohn- und Sozialdumping vorgehen zu können.
Der Begutachtungsprozess des LSD-BG dauert fünf Wochen und soll im Juli-Plenum mit allfälligen Änderungen aus dem Begutachtungsprozess beschlossen werden und ab September 2021 gelten.