#Teilzeitquote senken? Kinderbetreuung wirkt!

Ein Nachtrag zum gestrigen orfsg25 – dem ORF-Sommergespräch mit Leonore Gewessler. Thema war u.a. auch die aktuelle Teilzeitdebatte. Leonore bekräftigte dabei nochmals die drei zentralen Grünen Forderungen: Ausbau der Kinderbetreuung (50.000 neue Kinderbetreuungsplätze), Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz und Rechtsanspruch auf Stundenaufstockung wenn regelmäßig Mehrarbeit geleistet wird. Der ORF-Moderator meinte daraufhin, dass Wien zeigen würde, dass Kinderbetreuung auch nicht viel an der hohen Teilzeitquote bei Frauen ändern würde. Stimmt das?

Die Zahlen sprechen da tatsächlich eine ganz andere Sprache:

    • Wien ist bei der Teilzeitquote der Frauen mit 45,3 % nämlich Schlusslicht, während Oberösterreich – hier wurde von schwarzblau u.a. die kostenlose Nachmittagsbetreuung abgeschafft – mit einer Frauen-Teilzeitquote von 58 % an der Spitze liegt. Es ist übrigens Hattmannsdorfers Heimatland, der aktuelle Wirtschaftsminister war in OÖ für die ÖVP Soziallandesrat.
    • Ähnlich verhält es sich in anderen westlichen, ÖVP-dominierten Bundesländern, wo die Teilzeitquoten der Frauen deutlich über dem Österreich-Schnitt (Tirol: 56,5 %, Vorarlberg: 55 %, Salzburg: 54,6 %) liegen. AMS-Kopf hat schon recht, wenn er davon spricht, dass Österreich weniger ein Teilzeit- als ein „Kinderbetreuungsproblem“ habe.

Die Zahlen der Statistik Austria lassen jedenfalls einen sehr engen Zusammenhang zwischen weiblicher Teilzeitquote und vorhandenen Kinderbetreuungsplätzen annehmen. Wenn in Wien die Teilzeitquote bei Frauen 13 Prozentpunkte unter jener OÖ liegt, ist das ein signifikanter Unterschied. Kinderbetreuung senkt die Teilzeitquote von Frauen. Kinderbetreuung erlaubt es weit mehr Frauen Vollzeit zu arbeiten. Und zwar deutlich.

Zu behaupten, Kinderbetreuung würde die Teilzeitquote nicht deutlich reduzieren ist nicht wirklich haltbar. Die Zahlen sprechen da eine andere Sprache. Nochmals: 13 Prozentpunkte weniger – 45 statt 58 % Teilzeitanteil – ist nicht nichts. Sondern ein ordentlicher Unterschied.

Dass Kinderbetreuung alleine alle Probleme mit Teilzeit – die niedrigen Stunden, die geringe Entlohnung, die schlechtere sozial Absicherung, die geringeren betrieblichen Aufstiegschancen, die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen etc. – löst, hat noch nie jemand behauptet und wird auch niemand behaupten. Teilzeit hat viele unterschiedliche Gründe. Fehlende bzw. mangelnde Kinderbetreuung ist einer. Ein funktionierende, gute Kinderbetreuung ist allerdings eine wesentliche gesellschaftliche Rahmenbedingung die es braucht, um überhaupt Betroffenen eine Erhöhung von Teilzeit bis hin zu Vollzeit zu ermöglichen und Maßnahmen zu einer Erhöhung der Teilzeit seriös diskutieren zu können.

Der innerösterreichische Vergleich macht jedenfalls sicher.

Link: Abgestimmte Erwerbsstatistik 2023, Statistik Austria