#Zuverdienst bei Arbeitslosigkeit: ÖVP-geführtes Arbeitsministerium blitzt bei VwGH ab

Die ÖVP wurde wieder einmal von einem Gericht in die Schranken gewiesen. Dieses Mal vom VwGH. Der hat entschieden, dass vor der Arbeitslosigkeit aufgenommenes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis KEIN Hinderungsgrund ist, Arbeitslosengeld zu erhalten. Aber von Anfang an …

Die ÖVP und ihre Obsession: die Geringfügigkeit bei Arbeitslosigkeit. Kaum ein Projekt aus der gescheiterten Arbeitsmarktreform wurde mit einem derartigen Eifer weiterverfolgt, wie die Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit beim Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfebezug. Ein Thema, das betreffend seiner arbeitsmarktpolitischen Relevanz aufgeblasen wurde, wie kaum ein anderes.

Denn Fakt ist: Eine geringfügige Beschäftigung in der Arbeitslosigkeit ist ein absolutes Minderheitenprogramm. Seit Jahren ist die Zahl der Dazuverdienenden mit rund 10 % der Arbeitslosen konstant. Und: Gerade bei Langzeitarbeitslosigkeit kann eine geringfügige Beschäftigung „verkürzend“ wirken – also einen Beitrag leisten, wieder schneller in reguläre Beschäftigung zu kommen. Für Menschen, die länger beschäftigungslos sind, ist eine Geringfügigkeit „der Fuß in der Arbeitswelt“, der beim Sprung zurück in die volle Erwerbstätigkeit hilft. Eine parlamentarische Anfrage der ÖVP ergab, dass sich bei langzeitarbeitslosen Menschen der ALG- bzw. NH-Bezug um zwei Monate verkürzt, wenn daneben geringfügig gearbeitet wird.

Wer allerdings lieber „ideologisch getriebenen Bestrafungsfantasien“ anhängt, den interessieren derartige Tatsachen weniger als seine gerne gepflegten Vorurteile. Und seine Obsession.

Gesetzeswidrige Anweisung seitens des BMAW

Und so erließ das ÖVP-geführte Arbeitsministerium (BMAW) – nachdem eine gesetzliche Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit bei Arbeitslosigkeit an unserem Widerstand scheiterte – eine Durchführungsanweisung ans AMS. War’s über Gesetz nicht möglich, den Zuverdienst zu verbieten, sollte zumindest auf Erlasswege eine Geringfügigkeit zum Arbeitslosengeld deutlich erschwert werden. Demnach galt nur noch der/die als arbeitslos, der/die nicht nur keinen vollversicherten Job mehr hat – wer also aus einem Vollzeit- oder arbeitslosenversicherten Teilzeit-Arbeitsverhältnis arbeitslos wird –, sondern daneben auch keinerlei geringfügige Beschäftigung hat. Also: Wollte z.B. eine teilzeitbeschäftigte Verkäuferin, die nebenbei noch ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis in einem Sportstudio als Trainerin hat, bei Verlust des Jobs als Verkäuferin Arbeitslosengeld beziehen, musste sie auch die geringfügige Beschäftigung als Trainerin aufgeben. Glatt gesetzeswidrig, wie man eigentlich wissen hätte müssen bzw. können. Nicht so das Arbeitsministerium. Geht’s um Schikanen gegenüber Arbeitslosen, war man bei den Konservativen immer schon erfinderisch; so auch in diesem Fall. Und das Beste: Der grüne Koalitionspartner konnte dagegen nichts tun.

VwGH beendet Schikane … vorläufig

Zahlreiche Betroffene, denen vom AMS das Arbeitslosengeld vorenthalten oder gestrichen wurde – weil sie vollkommen rechtskonform ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis neben ALG bzw. NH aus der Zeit vor der Arbeitslosigkeit hatten und dieses auch nicht auflösen wollten –, gingen gegen diese Anweisung rechtlich vor und wurden dabei von der Arbeiterkammer unterstützt. Und: der VwGH hat ihnen Recht gegeben und klar und unmissverständlich festgestellt:

„Eine geringfügige Beschäftigung steht einer Einordnung als arbeitslos … nicht entgegen. Die Bezugsberechtigung (des Arbeitslosengeldes, Anm.) besteht, sobald (zumindest) eine anwartschaftsbegründende Erwerbstätigkeit beendet wird und mit dem/den allenfalls verbleibenden oder/und neu hinzukommenden Entgeltanspruch/Entgeltansprüchen insgesamt nicht … die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.“

Eine Ohrfeige für das ÖVP-geführte BMAW. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld bleibt damit – wie bisher und im Gesetz vorgesehen – auch dann erhalten, wenn ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis aus der Zeit vor der Arbeitslosigkeit mitgenommen wird. Einschränkung wie bisher: Es muss sich dabei um einen anderen Arbeitgeber als beim versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis handeln.

Die Freude über diesen Entscheid droht allerdings trotzdem leider nur kurz zu sein. Mit blau-schwarz dürfte die ÖVP nun ihrem lang ersehnten Ziel, endlich die Zuverdienstmöglichkeit bei Arbeitslosigkeit abzuschaffen, näher gekommen sein. Mit Unterstützung der FPÖ natürlich, wie nicht anders zu erwarten. Jener FPÖ, die noch bis vor gar nicht allzu langer Zeit als Opposition die ÖVP-Pläne als „neoliberal“ und „soziale Kälte“ gegeißelt hat …

Link zum VwGH-Entscheid: Arbeitslosenversicherung: Zu geringfügigen Beschäftigungen während der Arbeitslosigkeit