Ein Interview in den OÖN hat neulich für Einiges an – berechtigter – Aufregung gesorgt. AMS-Chef Johannes Kopf hat in diesem die Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeiten bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe gefordert. Aktuell dürfen Arbeitslosengeld- und Notstandshilfebezieher*innen einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. Diese Möglichkeit will Kopf nun abschaffen.
Ich halte die Forderung von AMS-Chef Johannes Kopf nach einer Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose gleich aus mehreren Gründen für falsch.
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- Würde die Möglichkeit, neben Arbeitslosengeld und Notstandshilfe noch geringfügig dazuzuverdienen abgeschafft, hätte das bei den Betroffenen einen weiteren Anstieg von Armut und Armutsgefährdung zur Folge – in einer Gruppe, die ohnehin besonders prekär und armutsgefährdet ist. Jedenfalls solange nicht Arbeitslosengeld und Notstandshilfe deutlich angehoben werden. Das wird allerdings ausdrücklich nicht gefordert.
- Mit einer geringfügigen Beschäftigung sind arbeitslose Menschen noch ‚mit einem Fuß‘ in der Arbeitswelt. Eine gewisse Routine bleibt also erhalten. Das kann ein großer Vorteil bei der Arbeitssuche und beim Wiedereinstieg sein. Warum sollte dieser Vorteil verunmöglicht werden.
- Was offensichtlich viel zu wenig bei diesem Vorschlag bedacht wurde: Atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden bekanntlich immer mehr. Viele, die Teilzeit beschäftigt sind, haben daneben noch einen geringfügigen Job, um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen. Wer seinen Teilzeitjob verliert – müsste nach Vorschlag des AMS-Chefs – auch seine geringfügige Beschäftigung beenden, um Arbeitslosengeld zu bekommen. Das kann man doch nicht ernsthaft wollen? Was soll das für einen Sinn haben?
- Zuletzt: Werden legale Zuverdientsmöglichkeiten genommen, wird halt Schwarzarbeit noch mehr boomen. Schließlich brauchen die Betroffenen nicht weniger Geld zum Leben, nur weil der Zuverdienst untersagt wurde. Das hat natürlich auch zur Folge, dass über Arbeitslose, die bei ‚Schwarzarbeit‘ erwischt werden, Sanktionen verhängt werden – also z.B. das Arbeitslosengeld gestrichen wird – was zu weiteren sozialen Härten führt.
Wenn Unternehmen beklagen, dass aufgrund der Zuverdienstmöglichkeiten Jobs nicht besetzt werden könnten gilt es dazu zweierlei zu sagen:
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- Beim entsprechenden Job-Angebot – sprich Einkommen und Arbeitsbedingungen – werden sich ausreichend Menschen finden, die bereit sind, diese Jobs auch anzunehmen.
- Und: Ganz offensichtlich gibt es genug Unternehmen, die gerne Menschen in Arbeitslosigkeit geringfügig beschäftigen. Vielleicht sollte die WKÖ zuallererst einmal eine entsprechende Infokampagen unter ihren Mitgliedern starten …
Die ersatzlose Streichung von Zuverdienstmöglichkeiten ist – alleine aus oben erwähnten Gründen – also abzulehnen. Was es braucht sind Beschäftigungsperspektiven jenseits der Geringfügigkeit. Die ist nämlich nicht „klass“ und soll auch nicht verklärt werden. Sie ist bestenfalls eine Notoption in bestimmten Lebenslagen. Und eine Arbeitsmarktpolitik, die sich den wirklichen gesellschaftlichen Herausforderungen stellt – nämlich die notwendige und längst stattfindenden Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt in Richtung Klimagerechtigkeit sozial verantwortungsvoll zu gestalten und den Betroffenen Sicherheit und Perspektive auf gute, nachhaltige Arbeit zu geben.
Daran arbeiten wir im Rahmen einer möglichen Arbeitsmarktreform gerne mit. An der ‚Produktion‘ zusätzlicher sozialer Härten nicht.
Link Standard Beitrag „Keine Nebenjobs mehr für Arbeitslose: Grüne lehnen Vorstoß von AMS-Chef Kopf ab“