Ja dürfen’s denn das?
Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe, wie viele Linke es denn nun tatsächlich in der Justiz gibt – wäre es nur logisch, wenn mehr und mehr progressiv orientierte Menschen im Justizbereich arbeiten, etwa als Richter*nnen, als Staatsanwält*nnen, u. dgl.
Es mag schon sein, dass Rechte und Konservative schwer erschüttert sind angesichts der Tatsache, nicht mehr ausschließlich unter Ihresgleichen zu sein – im Kreise christlicher und deutschnationaler Burschenschafter oder anders gearteter Männerbünde und Seilschaften. Das wäre allerdings insgesamt weniger ein Problem, sondern erfreulich. Sehr erfreulich sogar.
Denn die Sache ist eigentlich recht einfach: Mit den Kreiskyschen Bildungsreformen wurde es erstmals auch Kindern von einfachen Angestellten (in größerem Ausmaß) und Arbeiter*innen (in kleinerem Ausmaß) möglich, an den Universitäten zu studieren. Student*innen, die nicht aus der bürgerlich, konservativ und deutschnational geprägten Bildungselite kamen, sondern aus der Arbeitnehmer*innenschaft. Student*innen mit anderen Wertevorstellungen als die Generationen zuvor. Das machte sich auch bei ÖH-Wahlen bemerkbar: Mit den freiheitlichen Studenten ging es von nun an bergab.
Erreichten sie in den 50er und 60er Jahren von 30 % der Stimmen, fielen sie in den 70ern auf 7 % und in den 80ern in die hochschulpolitische Bedeutungslosigkeit. Die Dominanz der konservativen, ÖVP-nahen Fraktionen wurde mit Ende der 90er Jahre an den Universitäten gebrochen. Die „linken“ Fraktionen errangen in der ÖH nicht nur zusehends Mehrheiten. Sie konnten – und können – diese auch halten.
Die fertigen „neuen“ Student*innen gingen nach dem Studium auf Jobsuche und fanden Beschäftigung in der Privatwirtschaft, in Ministerien, in Behörden, in der Justiz. Na wo denn sonst? Dass grundsätzlich nicht jede*r seine Gesinnung mit Jobantritt an der Garderobe abgibt kann getrost angenommen werden, dass damit die Zahl „Linker“ in Institutionen und öffentlichen Diensten steigt, ist klar und entspricht nur der „neuen“ Zusammensetzung der Student*innenschaft und jener, die ein Studium abschließen.
Von einer Übernahme gesellschaftlicher Investitionen durch „Linke“, von roten Neztwerken, wie sie von Konservativen aller Couleur immer wieder herbeifantasiert werden, kann deswegen allerdings noch lange keine Rede sein – ein Blick in die Professor*innenreihen genügt. Und konservative, bürgerliche Männerbünde, Seilschaften, Freundesgruppen sind vielerorts nach wie vor stark genug, um ihre Vorherrschaft zu sichern.
Wenn es allerdings dennoch mehr und mehr progressiv orientierte Menschen in Justiz, öffentlichen Diensten usw. gibt, spiegelt das nichts anderes als veränderte gesellschaftliche Realitäten wider. Die Gesellschaft ist in den letzten Jahrzehnten vielfältiger und bunter geworden. Gerade auch an den Universitäten. Gerade auch unter den Uni-Abgänger*innen. Und damit auch in jenen Bereichen, wo diese arbeiten. Und das ist gut so.