#Millionärssteuer? Voll dafür – aber …

… ich fürchte – ja, ich fürchte, das wird noch viel schwieriger als man ohnehin denken würde.
Ja, natürlich braucht es vermögensbezogene Steuern. Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, eine allgemeine Vermögenssteuer, eine Reform der Besteuerung von Grund und Boden. Und ja, da könnten Milliarden ins Budget fließen, Milliarden, die es dringend braucht für Investitionen in Klimaschutz, in Pflege, in soziale Dienste, Armutsbekämpfung, öffentliche Infrastruktur, zur Entlastung des Faktors Arbeit und, und, und …

… ABER – und jetzt kommt das ABER: Es gibt da meines Erachtens ein kleines Problem. Ein kleines 2/3-Mehrheits-Problem. Gibt es schon bislang keine parlamentarischen Mehrheiten für Vermögenssteuern – Grüne und SPÖ, die beiden Parteien, die vermögensbezogene Steuern einführen wollen, erzielten bei den letzten Nationalratswahlen zusammen gerade einmal 35 % – so würde sich auch die Einführung einer Vermögens-bzw. Erbschaftssteuer gar nicht so einfach gestalten.

Die Gründe, wie ich befürchte:

    • Das Endbesteuerungsgesetz. Ein Gesetz in Verfassungsrang – also nur mit 2/3-Mehrheit änderbar, das Finanzanlagen – von Sparbüchern bis Aktien und anderen Wertpapieren – mit der KESt endbesteuert. Diese Regelung wurde Anfang der 90er im Zuge der Steuerreform unter SPÖ-Lacina beschlossen. Damals wurde bekanntermaßen u. a. die Vermögenssteuer abgeschafft, Kapitalerträge besteuert und eben das Endbesteuerungsprinzip umgesetzt. Das heißt:
    • KESt-pflichtiges Finanzvermögen würde nicht unter eine Vermögens- bzw. Erbschaftssteuer fallen. Damit würden hohe, dreistellige Milliardenbeträge – eben ein Gutteil des Finanzvermögens, nämlich jenes, das unter die KESt fällt – von einer Vermögens- bzw. Erbschaftssteuer gar nicht erfasst. Und damit Milliarden an Einnahmen aus Millionärssteuern entgehen. Derartiges Finanzvermögen war auch schon von der „alten“ Erbschaftssteuer nicht betroffen.
    • Von einer Vermögens- bzw. Erbschaftssteuer blieben tatsächlich „nur“ noch Einnahmen auf Immobilienvermögen, Schmuck, Bargeld, teure Autos, Kunst u. dgl. erfasst. Außer es findet sich eine parlamentarische 2/3 Mehrheit, welche das Endbesteuerungsgesetz ändert. Eine 2/3-Mehrheit die aktuell aber außer Sichtweite ist.

Das spricht natürlich NICHT gegen Vermögenssteuern, im Gegenteil.

    • Eine reformierte Grundsteuer und Erbschaftssteuer würde zu Mehreinnahmen im Milliardenbereich führen. Alleine eine Reform der Grundsteuer – unter steuerlicher Schonung „kleinen“ Immobilienbesitzes – könnte laut WIFO bis zu 1 Mrd. Euro an Mehreinnahmen bringen,
    • eine Erbschafts- und Schenkungssteuer inklusive eines Erbschaftssteueräquivalents auf Stiftungen je nach Ausgestaltung auch einen Milliardenbetrag erzielen.
    • Auch gäbe es über Flächenverbrauchsabgaben – die versiegelten Boden besteuern – eine Möglichkeit Flächenverbrauch höher zu besteuern und gleichzeitig eine ökologische Lenkungswirkung zu erzielen.

Einiges – wenn auch längst nicht alles – an Vermögenssteuern wäre also machbar. Mit entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten. Angeblich sind ja 72 % der Österreicher*innen für Millionärssteuern. Wenn ein guter Teil dieser 72 % auch noch jene Parteien wählen würde, die das im Sinne von mehr Steuergerechtigkeit auch wollen, wären wir in Österreich bei der Besteuerung großer Vermögen schon einen wesentlichen Schritt weiter …

PS: Sollte ich mit meiner Einschätzung hinsichtlich des Endbesteuerungsprinzips daneben liegen, würde mich das ehrlich freuen. Ich fürchte allerdings, ich liege richtig …

Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Endbesteuerungsgesetz, Fassung vom 18.12.2020