#Glücklich ist, wer vergisst …: Die Kündigungsfristen, die SPÖ und die SPÖ-Gewerkschafter*innen

Zuallererst die gute Nachricht: Die Erhöhung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes bleibt bis Ende September 2021 erhalten. Von uns erreicht, wurde das im letzten Nationalratsplenum beschlossen. Eine wichtige Maßnahme für rund 240.000 Notstandshilfebezieher*innen – viele von ihnen bereits längere Zeit arbeitslos und darum  auch besonders gefährdet, in Armut zu fallen und ausgegrenzt zu werden.

Die weniger gute Nachricht: Die Angleichung der Kündigungsfristen bei Arbeiter*innen und Angestellten wurde ebenfalls noch einmal aufgeschoben – auch um drei Monate, bis Ende September. Ab 1. Oktober werden Arbeiter*innen und Angestellte bei den Kündigungsfristen gleichgestellt. Das war Wunsch des Wirtschaftsbunds der ÖVP (der eigentlich nochmals um sechs Monate verlängern wollte, was wir strikt ablehnten) weil die Unternehmen immer noch nicht in der Lage wären, die Gleichstellung umzusetzen – und wurde gegen die erhöhte Notstandshilfe „abgetauscht“. Von unserer Seite hätte es das nicht gebraucht.

Mehr hat es nicht gebraucht. SPÖ und SPÖ-Gewerkschafter*innen toben, sprechen von „Arbeiter*innenverachtung“, fragen, ob mensch sich überhaupt noch „in den Spiegel schauen“ könne, behaupten, die Gleichstellung wäre auf den „St. Nimmerleinstag“ verschoben worden. Glücklich ist, wer vergisst … oder: Wer besonders laut schreit, will nur allzu oft nur etwas vergessen machen oder hat ein besonders schlechtes Gewissen … Spiegel dürfte es in den Räumlichkeiten der SP-Gewerkschafter*innen und in den Reihen der SPÖ nämlich nicht mehr viele geben.

SP-Gewerkschafter: Aufschub gleicher Kündigungsfristen um gleich 6 Monate (!)

Was die sozialdemokratischen Gewerkschafter*innen nämlich gerne vergessen machen wollen: Die Angleichung der Kündigungsfristen von Arbeiter*innen und Angestellten hätte nämlich schon am 1. Jänner 2021 stattfinden sollen. Sie wurde allerdings nicht um einen, nicht um zwei, drei oder vier Monate, sondern gleich um sechs Monate – also um ein halbes Jahr – nach hinten verschoben. Auf den 1. Juli 2021. Ausverhandelt wurde dieser angeblich „arbeiterfeindliche Akt“ ausgerechnet vom SPÖ-dominierten ÖGB und der Wirtschaftskammer.

Wenig überraschend, dass damals lautstarke Proteste nicht zu vernehmen waren. Nicht aus den Reihen der SPÖ. Schon gar nicht aus dem ÖGB. Wie auch? Er hat’s ja selber ausverhandelt. Nur keine Wellen. Nur kein Wort darüber verlieren. Einfach nur durchtauchen.  Nichts war so dröhnend wie ihr Schweigen. Dafür umso lauter das Gerede vom „arbeiter*innenfeindlichen“ und „arbeiter*innenverachtenden“ Akt wenn es von den Regierungsparteien kommt … in der Hoffnung, dass sich niemand daran erinnert, was der ÖGB erst ein paar Monate zuvor selbst ausverhandelt hat … nicht aufgegangen, leider!

Pikanterweise kommt dazu, dass die erste Aufschiebung bis 1. Juli ausgerechnet zu einer Zeit kam, wo tatsächlich noch Arbeiter*innen corona-bedingt gekündigt wurden. Die Corona-Arbeitslosigkeit traf und trifft nämlich insbesondere Arbeiter*innen.

Der neuerlich Aufschub bis 1. Oktober – also um drei Monate (von wegen „St. Nimmerleinstag“) – kommt hingegen zu einer Zeit, in der sich der Arbeitsmarkt erfreulicherweise wieder zu erholen beginnt, also Arbeiter*innen deutlich weniger von Arbeitslosigkeit betroffen sind, als in den Monaten zuvor. Arbeitslose Arbeiter*innen profitieren aber gleiche von der erhöhten Notstandshilfe besonders stark.

Wie auch immer: Wäre es alleine nach uns gegangen, hätte es die abermalige Verschiebung nicht gebraucht. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass die erhöhte Notstandshilfe um drei weitere Monate verlängert wird, weil sie den Betroffenen nutzt. Und wir freuen uns, dass die Gleichstellung der Kündigungsfristen bei Arbeiter*innen und Angestellten dann endlich mit 1. Oktober kommt. Viele Arbeiter*innen warten nicht erst seit 1. Jänner darauf sondern seit 30, 40 und mehr Jahren. Sie haben sich diese Gleichstellung längst verdient.